Die Treppe des Vergessens

„Das muss ein großes Problem hier in Ahaus sein“, wunderte sich Gedächtnistrainer Dominik Moersen, als er die Massen sah, die auf das Foyer der Stadthalle zuströmten. Sebastian Frankemölle und seine Kollegen hatten 170 Stühle aus der Halle herangeschafft.

„Aber trösten Sie sich, Vergesslichkeit hat nichts mit dem Alter zu tun. Da sind Sie nicht schlechter dran, als die Couchpotatoes, die die ganze Zeit nur vor der Kiste hocken, oder die Jugendlichen, die nur mit ihrem Handy zappen. Ich halte meine Vorträge vor Studenten und Managern.“

„Kennen Sie die ‚Treppe des Vergessens‘?” fragte er das verwunderte Publikum. “Kennen Sie das, Sie gehen in den Keller und wissen nicht mehr, was Sie da wollten. Ja, und wenn Sie oben sind, fällt’s Ihnen wieder ein?”  Die Ahs und Ohs und das erleichterte Lachen im Publikum zeigten ihm, dass alle schon mal diese Erfahrung gemacht hatten.

“Das geht uns allen so”, beruhigte Moersen die Anwesenden und damit war er ganz bei den Zuhörern und Zuhörerinnen.

“Aber was kann man gegen die Vergesslichkeit tun?” stellte er die Frage in den Raum, um auch gleich darauf zu antworten: „Ein gesunder Körper, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Schlaf, das tut dem ganzen Organismus gut. Und auch dem Gehirn,“ erklärte Moersen.

„Klar wissen Sie, wenn Sie mal sechs Wochen im Krankenhaus gelegen haben, können sie nicht mehr auf den Beinen stehen. Wenn Sie ihr Gehirn stilllegen und nicht gebrauchen, hat das auch Folgen. Das hat mit dem Alter nichts zu tun.“

Aber wie können wir Anregungen für unser Gehirn schaffen und es trainieren?

„Gehen Sie auf Reisen, Sie lernen andere Menschen kennen, Sie müssen sich dabei in einer neuen Umgebung orientieren. Denken Sie mal nur an die Probleme auf dem Bahnhof oder Flughafen. Da muss sich Ihr Gehirn ganz schön anstrengen.

Gehen Sie tanzen. Nicht nur, dass Sie den Takt und die Schritte richtig lernen müssen, Sie lernen auch neue Menschen kennen. Suchen Sie sich ein Hobby oder ein Ehrenamt. Wenn Sie sich nicht alleine trauen, fragen Sie ihre Bekannten, was die so in ihrer Freizeit treiben, und ob er oder sie Sie mal mitnimmt.

Kochen Sie, nicht die Dose Ravioli abends aufwärmen. Nein, bereiten Sie mal ein 3-Gänge-Menü zu und laden Sie Gäste ein. Das ist eine echte Herausforderung für Ihr Gehirn.“

Diese und weiter Tipps zum Gehirnjogging, gespickt mit lustigen Beispielen aus seiner langer Erfahrung mit Probanden aus dem Business oder dem Studium gab er den Senioren und Seniorinnen mit auf dem Weg.

Zum Schluss gab es einen Test. Es galt, sechs Gegenstände im Gedächtnis zu behalten, die er aus dem Publikum sammelte: „Stellen Sie sich vor, Sie gehen in die Stadt, was machen Sie da?“

Die spontanen Zurufe aus dem Publikum wie Bank, Kaffee, Lammkotelett, Markt, Hörgerät und Apotheke verknüpfte er mit Gegenständen im Foyer. Aber nicht einfach, sondern skurril mussten die Gegenstände sein, um sich die Verknüpfungen zu merken. Da sind z. B. das aufgeschnittene Polster der Sitzbank, die aufgestapelten Pillendosen vor der Tür, der Kaffee spendende Feuerlöscher usw.

Die Teilnehmenden sollten sich anschließend gegenseitig abfragen. Alle hatten einen Riesenspaß dabei. Keiner hatte etwas vergessen. „Die blökende Schafherde an den Garderobenhaken werde ich nie mehr vergessen“, resümierte ein Zuschauer lachend.

„Bei diesen sechs Gegenständen reicht auch ein Notizzettel. Aber wenn‘s um abstrakte Begriffe oder um Zahlen geht, hilft es, wenn Sie die Werte mit Bildern verknüpfen, die Sie sich vorstellen können,“ erinnerte Moersen an die Benutzung einfacher Hilfsmittel.

Das Publikum und Jutta Schulte bedankten sich bei Dominik Moersen mit einem Riesenapplaus für die humorvolle und fröhliche Unterrichtsstunde.

Zu den Veranstaltungen vom Treff 55+ laden Jutta Schulte von der Freiwilligenagentur und Sybille Großmann, Stadt Ahaus regelmäßig ein.

Fotos: Rudolf Schmitz